"Der Bund muss sich mehr einbringen"

Antrittsbesuch des SPD-Bundestagskandidaten Sven Wingerter bei Bürgermeister Gottfried Störmer – Geld soll zielgerichtet ankommen

Lampertheim. Wohnen, Kinderbetreuung sowie Klimaschutz und Mobilitätswende: Das waren die drei großen Themenblöcke beim Antrittsbesuch des SPD-Bundestagskandidaten im Wahlkreis Bergstraße, Sven Wingerter. Im Gespräch mit Bürgermeister Gottfried Störmer und dem Ersten Stadtrat Marius Schmidt (SPD) wurde ein „Rucksack mit vielen Themen gepackt“, wie der Rathauschef anerkennend meinte. Wingerter versprach schmunzelnd: „Ich will den Rucksack gerne mitnehmen. Man soll in Berlin ja auch etwas zu tun haben.“

 

 

Schmidt ging auf eine auskömmliche Finanzierung der Kommune an. Lampertheim will gerne Kita-Plätze schaffen, betonte er. Allerdings muss sich der Bund im Gegenzug auch seiner Verantwortung an den gesetzten Zielen stellen. Sein Vorschlag: eine Drittelfinanzierung von Gemeinde, Land und Bund bei den Kinderbetreuungskosten. Denn: Die bei den Kommunen verbleibenden Kosten steigen derzeit immer mehr, auch weil Bund und Land Gesetze erlassen, ohne sich um die weitere Finanzierung zu kümmern.

 

„Wo steht Lampertheim?“, lautete die Eingangsfrage an Störmer. Welche Bedürfnisse/Belange der Stadt sind wichtig, um sie nach Berlin mitzunehmen. „Wer die Musik bestellt, der soll sie auch bezahlen“, hob das Stadtoberhaupt auf das Konnexitätsprinzip ab. Zuschüsse sind gut, meinte er, aber die Leistung muss dann auch dauerhaft erhalten bleiben – und das kostet.

 

„Einen Ballon starten lassen ist einfach. Der Fördermittelgeber verliert diesen dann aus den Augen. Die Kommunen haben ihn aber immer noch in der Hand und müssen ihn festhalten“, verdeutlichte er anschaulich. Deshalb ist sein Wunsch an die Bundesregierung, über das reine Gesetz hinaus weiterzudenken: Wer soll es umsetzen? Wie soll es gemacht werden und was wird dafür gebraucht?

 

Wingerter mit seinen starken Wurzeln in der Kommunalpolitik – 18 Jahre Wald-Michelbacher Gemeindevertreter, 14 Jahre Kreistagsmitglied – weiß um die Themen und Probleme, die die Kommunen beschäftigen. Sein Ziel ist es, deren Interessen in Berlin zu vertreten. Im Grundsatz, sagte er, „sind die Probleme im Odenwald als ländlichem Raum gar nicht so anders als die in den Städten“.

Wichtig ist die notwendige Finanzausstattung für freiwillige Aufgaben, hob der SPD-Bundestagskandidat hervor. Um die Daseinsvorsorge zu gewährleisten, „muss die Infrastruktur erhalten bleiben“. Deshalb muss der Bund bei Grundfinanzierungen unterstützen, „damit die Kommunen Spielraum haben“. Er wünschte sich einen Pakt zwischen Bund, Ländern und den Kommunen, „damit das Geld auch zielgerichtet ankommt“.

 

Das Thema Wohnen und Wohnungsbau nahm im Meinungsaustausch einen breiten Raum ein. Eine Grundsteuer C auf bebaubare, aber unbebaute Grundstücke könnte zusätzliche Einnahmen für Kommunen und Anreiz für Eigentümer zum Bauen bedeuten, erläuterte der Bürgermeister. Lampertheim könnte davon eine niedrige sechsstellige Summe erwarten.

 

Die Förderung von kommunalem, sozialem Wohnungsbau ist notwendig, sagte er. Die Stadt ist in diesem Bereich sehr aktiv und errichtete im vergangenen Jahr 70 neue Wohnungen, so Störmer. Denn Wohnungsbau wird auch aus eigenen Mitteln zusätzlich zu denen von Land und Bund unterstützt. Man würde gerne mehr Gelder haben, um mehr fördern zu können, wünschte er sich

 

„In Lampertheim ist durch die Genossenschaft für den Wohnungsbau viel passiert“, lobte der SPD-Kandidat. In der Stadt sind die Mieten seit 2016 um 36 Prozent gestiegen, wies er auf den Bedarf hin. Mehr Förderung von (sozialem) Wohnungsbau ist laut Wingerter ein erklärtes Ziel der SPD. Hier hakte der Bürgermeister ein: Seinen Worten zufolge muss durch den Bund das Baugesetzbuch bei den Zeitbedarfen angepasst werden, um die Entwicklung zu beschleunigen.

 

Thematisiert wurde von den Kommunalpolitkern die geplante ICE-Neustrecke zwischen Frankfurt und Mannheim. Wingerter sagte zu, sich für einen bergmännischen Tunnel bei Lampertheim einsetzen. Volkswirtschaftlich geht mehr Geld durch die Diskussion und Widerstände und eine daraus folgende zeitliche Verschiebung verloren, als Mehrkosten durch die zusätzlichen Investitionskosten entstehen, rechnete er vor.

 

Der Bund als Eigentümer der Bahn kann steuernd und richtungsgebend eingreifen, sieht er eine Einwirkungsmöglichkeit der Parlamentarier im höchsten deutschen Parlament. Sein Credo: Der Bund darf sich bei Verkehrs- und Energieausbau „nicht verstecken, sondern muss in den Abstimmungsprozess aktiv eingreifen“.

 

Eine eigene, kommunale Förderung von Klimaschutz wäre entbehrlich, wenn es eine bessere von Bund und Land gäbe, legte Störmer den Finger in die Wunde. Neben der Bezuschussung von Photovoltaik-Anlagen sollten auch Dach- oder Wandbegrünung gefördert werden, um das Mikroklima in den Städten zu verbessern, wünschte sich der Rathauschef.

 

Nur mit attraktiven Angeboten ist es möglich, Autofahrer zu einem Umstieg auf Fahrrad, Bus und Bahn zu bringen, erklärte Störmer. Dass es nötig ist, zeigt unter anderem das hohe Verkehrsaufkommen etwa in der Mannheimer Straße mit 20.000 Kfz/Tag. Das bedeutet „Lärm und Emissionen rund um die Uhr“. Die Interessen des Bundes bei Verkehrs- und Energieversorgungsaspekten treffen auf Belange in den Kommunen, erläuterte er. Ziel muss es deshalb sein, „gemeinsam über Möglichkeiten zur Verringerung der Belastungen zu sprechen“.

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