Wingerter will „Politik für die Vielen“ umsetzen – „Die Lebensleistung der Menschen respektieren“

SPD-Bundestagskandidat Sven Wingerter stellte sich und seine Ziele beim Wahlkampfauftakt vor

Heppenheim. Sven Wingerter will „Politik für die Vielen“ machen. Der SPD-Bundestagskandidat im Wahlkreis Bergstraße stellte zum Wahlkampfauftakt sich und sein Programm auf der Freilichtbühne vor. Der 41-jährige aus Wald-Michelbach hob dabei vor allem auf die Lebensleistung der „kleinen Leute“ ab. Denn die verdient allerhöchsten Respekt, machte der Nachfolger von Christine Lambrecht mehrmals deutlich. Moderiert wurde die Veranstaltung, zu der auch drei Gesprächsrunden gehörten, vom Überwälder Theaterregisseur Danilo Fioriti, der die prekäre Situation der Kulturschaffenden in den Mittelpunkt rückte. 

 

Interessierte Bürger und SPD-Mitglieder aus dem gesamten Kreis Bergstraße waren in die „Hauptstadt“ gekommen, um den Vorstellungen Wingerters zu lauschen. SPD-Listenkandidatin Silke Lüderwald eröffnete den Abend, indem sie anhand einer Kurzgeschichte den Frust der Menschen über Stillstand in der Politik deutlich machte. Damit sich etwas ändert, so ihr Tenor, gilt es, „Politik für die Vielen zu machen“. Und dafür stehen eben Wingerter und die SPD.

 

„Wir müssen den Weg finden in die neue Normalität“, sagte der Bundestagskandidat angesichts der immer weiter voranschreitenden gesellschaftlichen Lockerungen im Zuge der abklingenden Pandemie. Er freute sich, endlich wieder den Menschen von Angesicht zu Angesicht gegenüber treten zu können. Die SPD-Themen, gute Arbeit und soziale Sicherheit zu gewährleisten, sah er gerade für Künstler als extrem wichtig an, ging Wingerter auf Fioritis Worte ein. 

 

Die Corona-Krise „zeigt an vielen Stellen, warum es sozialdemokratische Politik braucht“, betonte das Wald-Michelbacher SPD-Mitglied. Mit den auf den Weg gebrachten Unterstützungen während der Pandemie verhinderten laut Wingerter „die sozialdemokratischen Minister das Schlimmste“. Sein Credo: „Nur gemeinsamen werden wir die Spaltung der Gesellschaft verhindern.“ 

 

Während der vergangenen 15 Monate wurde dem SPD-Kandidaten zufolge klar, „welche Menschen Tag für Tag Außergewöhnliches leisten“. Jedoch sagte er im gleichen Atemzug: „Aber Beifall klatschen ist nicht genug.“ Man sollte diesen gesellschaftlichen Aktivposten „mit Respekt und echter Wertschätzung begegnen“, forderte der Gewerkschafter. 

 

Respekt und Wertschätzung: Zwei Worte, die sich wie ein roter Faden durch Wingerters kämpferische Ansprache zogen, in der er genüsslich auch dem politischen Gegner die Leviten las und ihn an seinen (fehlenden) Taten maß. Für den SPD-Mann ist klar: Zu einer Gesellschaft des Respekts „gehören gleiche Chancen“. Der Überwälder weiß, wovon er spricht: Denn er stammt selbst aus einfachen Verhältnissen, erarbeitete sich alles selbst. 

 

Seit Beginn seines politischen Engagements, erzählte der Bundestagskandidat, „setze ich mich für echte Chancengleichheit ein“. Dazu gehört auch ein anderes Bildungssystem. Denn: In einem reichen Land wie Deutschland „darf es keine armen Kinder“ geben, forderte der Sozialdemokrat unter dem Beifall der Zuschauer. Was es dazu braucht: „Wir müssen die Bildung vom Kopf auf die Füße stellen.“ 

 

Ganz wichtig für den SPD-Kandidaten: „Wir müssen an die soziale Ungleichheit ran.“ Denn wer ein anständiges Handwerk erlernt hat und sein Leben lang arbeitet, „sollte sich keine Sorge um seine Rente machen müssen“. Wingerter warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft anhand von Bildungslinien. Schon jetzt, bedauerte er, gibt es einen hochgradig gespaltenen Arbeitsmarkt. Dabei ist aber klar: „Jede Arbeit hat ihre Würde und verdient Respekt.“ Er plädierte für eine „Chancengesellschaft“.

 

Den DGB-Vorsitzenden im Kreis Bergstraße treibt noch ein anderes sozialpolitisches Thema um: „Der Mindestlohn muss auf zwölf Euro in der Stunde steigen“, forderte er mit Nachdruck. Das bedeutet eine Lohnerhöhung für zehn Millionen Menschen. Geld, das diese angesichts allgemein steigender Kosten dringend benötigen. In eine ähnliche Richtung zielt die von der SPD angestoßene Grundrente: Damit lässt sich laut Wingerter „die Entwertung von Arbeit stoppen“. 

 

Damit gute Löhne gezahlt werden, ist die Tarifbindung der Unternehmen wichtig, weiß der langjährige Gewerkschafter. Deshalb gilt es seiner Meinung nach die Unternehmen zu belohnen, die auf Sozialpartnerschaft setzen. Auf dem richtigen Weg sieht der SPD-Kandidat die Politik im Pflegebereich: Öffentliche Aufträge gibt es in Zukunft nur noch für Unternehmen mit Tarifbindung. 

 

Wingerter setzt sich dafür ein, „die Lebensleistung der Menschen zu respektieren“. Die gesellschaftlichen Schichten müssen durchlässiger sein. „Wir müssen den Aufzug nach oben wieder in Gang setzen, den es früher gab“, sagte er. Der Sozialstaat muss seiner Meinung nach „ein echtes Recht auf Arbeit schaffen“.

 

In diesem Zusammenhang ging der Wald-Michelbacher auch auf die Diskussion über die Rente mit 68 ein. „Das hat nichts mit sozialer Sicherheit zu tun“, erteilte er dem Vorschlag eine Abfuhr. Denn dahinter verbirgt sich für ihn „eine drastische Rentenkürzung“. Der Kandidat der Sozialdemokraten für den Bundestag sprach sich im Gegensatz dazu dafür aus, die gesetzliche Rentenversicherung solidarischer zu gestalten, indem sie künftig alle Erwerbstätigen berücksichtigen soll.

 

„Gleichwertige Arbeit muss auch gleich viel wert sein“, sprach Wingerter den sogenannten Gender Gap an, die fortdauernde schlechtere Bezahlung von Frauen im gleichen Beruf. Außerdem sind sie seltener in Führungspositionen tätig. Corona hat seinen Worten zufolge diese Schräglage „noch einmal befördert“. Der SPD-Mann warnte in diesem Zusammenhang vor einer „Rolle rückwärts“ bei der Gleichberechtigung. 

 

In seinem Wahlkampfauftakt streifte der SPD-Politiker auch den Wohnraumangel und die stetig steigenden Mieten. Auch an der Bergstraße müssen mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden, forderte er. Damit Wohnen bezahlbar bleibt, „brauchen wir einen bundesweiten Mietenstopp“, ist für Wingerter klar. Allerdings sieht er das Thema bei der neuen Kreis-Koalition von CDU und Grünen nicht auf der Agenda – im Gegenteil: CDU-Chef Michael Meister betrieb sogar die Klage gegen den Berliner Mietendeckel mit, ohne auch nur den Ansatz einer Lösung aufzuzeigen.

 

Eine Gesellschaft des Respekts, hob der SPD-Bundestagskandidat hervor, „kommt nicht von allein“. Er sieht sie jedoch auch nicht als Luxus, als Sahnehäubchen, sondern als Kitt eines Gemeinwesens an. Wingerter betrachtet sie als wichtige Voraussetzung, damit das Land die Herausforderungen der Zukunft meistern kann. 

 

Thematisiert wurde vom 40-Jährigen daneben die Gesundheitspolitik. Die darf nur einem Wohl dienen: dem der Patienten. Jedoch führte der bisheriger Sparkurs dazu, „dass die ärztliche Versorgung immer dünner wird“. Das Gesundheitssystem gilt es seinen Worten nach so zu organisieren, „dass uns eine Pandemie nicht überrollen kann“. Vor allen Dingen ist es für den Wald-Michelbacher Zeit, „endlich die Zwei-Klassen-Medizin zu überwinden“.  

 

Der Klimaschutz wird derzeit landauf, landab thematisiert. Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, „müssen wir deutlich besser werden“, betonte Wingerter. Zur Energiewende gehört ebenso, dass Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien kommen muss. Der SPD-Kandidat sieht dieses Ziel als „große Herausforderung, aber auch riesige Chance“. Denn konsequenter Klimaschutz ist für ihn auch Beschäftigungspolitik. 

 

Allerdings lässt sich die Energiewende nur erreichen, „wenn wir die Menschen mitnehmen“, erläuterte er. Vor allem gilt es die soziale Frage zu berücksichtigen und die Konsequenzen des Handelns mitzudenken, sagte der Gewerkschafter. Nicht wie es die Grünen tun, die im Zweifel auf dem sozialen Auge blind seien.

 

„Einer Krise kann man nicht hinterher sparen“, betonte Wingerter. Sie kann nur mit massiven Investitionen in die Zukunft gemeistert werden. Die aber, warnte er, „dürfen nicht von den Vielen bezahlt werden“. Zu lange, kritisierte der SPD-Bundestagskandidat, habe die Globalisierung zu einer Spirale nach unten bei der sozialen Gerechtigkeit geführt. 

 

Mit Blick auf Europa sah er den Kontinent nur funktionsfähig, wenn die bisherige Zusammenarbeit in einer Sozialunion mündet. Ein starkes Europa, hob der 41-Jährige hervor, „muss eines der wichtigsten Anliegen Deutschlands sein“. Zu allererst, kam der SPD-Mann auf sein Ziel zurück, will Wingerter „Politik für die Vielen im Kreis Bergstraße machen“. Für die ganz normalen Bürger. Das Ziel: „Wohlstand für alle.“

 

SPD-Unterbezirksvorsitzender Marius Schmidt kritisierte in seinem Grußwort die Auflösung des von Sven Wingerters vor fünf Jahren angeregten Fahrgastbeirats durch die neue Kreiskoalition. Die heutige Veranstaltung, so Schmidt weiter, kann der Kulturszene wieder Hoffnung geben, „dass was geht“, meinte er. Weitere Grußworte sprach Heppenheims SPD-Vorsitzender Gerhard Herbert.

 

Drei Gesprächsrunden unter der Moderation des SPD-Bundestagskandidaten drehten sich um aktuelle sozialpolitische Themen,. Zum Thema „Gute Arbeit und soziale Sicherheit“ tauschten sich Joshua Seger, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall, und Katrin Hechler aus Zwingenberg, hauptamtliche Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin im Hochtaunuskreis, aus. 

 

Um „konsequenten Klimaschutz“ ging es Daniel Bannasch, Geschäftsführer von Metropolsolar und Leiter des MPS Energie-Instituts, sowie Zoe Fischer, Aktivistin bei „Fridays for Future“ in Bensheim. Ein „Starkes Europa“ hatten Philipp Ofenloch, Vorsitzender der Jusos Bergstraße und stellvertretender Vorsitzender der SPD Bergstraße, Joshua Seger und Daniel Bannasch im Blick. 

 

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